Jede Spende kommt direkt an und wird für Gut Waldsee und die umliegenden Offenställe genutzt

Die Katastrophe im Juli

 

Das Unwetter mit Starkregen im Westen Deutschlands war angekündigt. Es war klar, es wird Hochwasser geben. Und auch, dass wahrscheinlich nicht alle Keller trocken bleiben. Aber was dann kam, hat niemand jemals so erwartet! 

 

Die befreundeten Offenställe brachten ihre Pferde zu uns, um dort in Sicherheit dem Wasser zu entkommen. Doch dann kam das Wasser auch bis zu uns auf die Anlage. Und im Laufe von nur 30 Minuten flutete der kleine Bachlauf am Donnerstagmorgen einfach alles: Den hinteren Stalltrakt, dann die große Reithalle und die Stallgasse, anschließend gab es auch einen reißender Fluss mitten über den vorderen Hof. Alle Pferde wurden auf die nächsthöher gelegenen Weiden und Paddocks, sowie den Reitplatz und die kleine Halle evakuiert.

 

Das Wohnhaus war nicht mehr zugänglich, jedes Pferd hatte genau ein Halfter welches es trug und zumindest gab es dazu je einen Strick. Was nun? Steigt das Wasser weiter? Wohin dann? 

Um Bliesheim herum brach ebenfalls das Chaos aus! Die Luxemburger Straße wurde geflutet, Teile von Blessem begannen in eine Kiesgrube abzurutschen, Häuser und Straßen verschwanden. Das alles bekamen wir in unsere Blase aber gar nicht mit - es gab kaum noch Handyempfang, überall flogen Rettungshubschrauber, Feuerwehr und Rettungskräfte holten Menschen von ihren Hausdächern und aus den Fluten. 

 

Wir begannen, die Pferde auf Hügel hinter dem Stall zu verbringen. Über 60 Pferde, darunter Fohlen, alte und/oder kranke Pferde sowie Hengste. Alle mussten aus der Gefahrenzone, über einen kleinen, steinigen Pfad geführt werden. Jeder packte mit an, fremde Menschen, Nachbar und Freunde. Wir versuchten eine grobe Einteilung, um durch die ungewohnte Herdenzusammenstellungen das ganz große Treten und Beißen zu vermeiden. Es wurden Notpaddocks mit rot-weißem Flatterband gebaut, Nachbarn öffneten ihre Vorgärten, sammelten Bauzäune zusammen um weitere Ausläufe zu schaffen. Der NABU stellte uns eine der Naturschutzwiesen sofort zur Verfügung, so das wir hier direkt mehr als 20 Pferde sichern konnten. 

Die Stuten mit Fohlen wurden vorbei an startenden Hubschraubern zwischen den Neubauhäusern auf ein mit Bauzaun abgeteiltes Stück gebracht, alle speziellen Pferde wurden direkt angrenzend an das Neubaugebiet auf die Notpaddocks verteilt. 

Alle Nachbar stellten ihre Wasser durch Gartenschläuche zur Versorgung der Tiere zur Verfügung, es wurden von überall Behälter geholt, um die Pferde zu tränken. Da es nicht klar war, wie lange wir Wasser aus der Leitung ohne Einschränkung bekommen können, kamen die Nachbar auf die Idee, ihre blauen Tonnen zu leeren, diese mit Wasser zu füllen und an die Unterkünfte der Pferde zu stellen. 

Die Familie Rösgen selbst kam in dem Haus einer Freundin unter, welche sich zu dem Zeitpunkt im Urlaub befand. Dort tauchten immer mehr Nachbar auf, um ihre Hilfe in jeglicher Form anzubieten. 

 

Abgeschnitten von der Außenwelt, ohne Raufutter und immer mit der Ungewissheit im Nacken, was noch kommt versuchten wir nun, uns alle zu organisieren. Ein eng befreundeter Stall aus dem Bergischen brachte uns Heu - es dauerte vier Stunden und etliche Umwege denn es gab keine offizielle Zufahrt mehr zu uns. Rettungskräfte wiesen jeden ab, der nun in das offiziell als Katastrophengebiet ausgerufenen Erftstadt wollte.